Die Reise - August 2003

Die Reise – August 2003

Universitätsstadt Butare


Am Samstag, den 15. 08. 2003 fahren wir nach Butare, der zweitgrößten Stadt des Landes, die südlich von Kigali liegt. Hier befindet sich auch die Nationale Universität Rwandas (UNR, Université Nationale du Rwanda).

Anscheinend hat sich die Stadt physisch vom Krieg erholt, die Gefühle der Leute dagegen sind noch sehr davon geprägt. Im Gegensatz zu Kigali ist hier die Angst vor der Vergangenheit sehr im täglichen Leben zu spüren. Jean-Louis hat eine gewisse Aggressivität im Verhalten der Leute bemerkt. Leider ist Butare eine der Städte, die vom Genozid am meisten betroffen waren. Tausende von Familien wurden auf grausamste Weise umgebracht. Das Wort »grausam« ist keine Übertreibung. Jean-Louis hat selbst gesehen, wie Menschen brutal ermordet wurden. Menschen haben nicht gezögert, ihre Nachbarn, mit denen sie schon seit Generationen zusammenlebten, abzuschlachten. Wie kann man, nachdem man solche Situationen erlebt hat, noch jemandem Vertrauen schenken? Dazu kommt die Armut, die die Lage noch verschlimmert.

Eine persönliche Begebenheit: Als die Mutter eines Jugendlichen nach dem Krieg in ihr Viertel in Butare zurückkehrte, wurde ihr erzählt, dass ihr Mann einen Teil der Nachbarschaft ermordet habe. Ihr Mann war jedoch zur Zeit der Massaker in Deutschland. Diese Geschichte macht die Atmosphäre deutlich, die damals in Butare herrschte.

In Butare machen wir einen Spaziergang durch die Stadt. Einige begleiten eine junge Frau zum Haus, wo sie mit ihrer Familie gewohnt hat. Sie zeigt, wo 1994 eine Granate ins Haus eingeschlagen ist. Anschließend besuchen sie das Grab des Vaters, der bereits vor der Flucht der Familie verstorben ist.

Später drehen wir eine kleine Runde auf dem Universitätsgelände. Die staatliche Nationale Universität Rwandas (UNR) wurde 1963 von Priestern des Dominikanerordens aus Kanada gegründet.

Am Abend bewegen sich viele Menschen auf der Straße. Sie kommen von einer Wahlveranstaltung des Präsidenten. Verschiedene Wahlslogans werden gerufen, die Bevölkerung soll für den Präsidenten stimmen.

Am nächsten Tag besucht eine Gruppe das Stadtviertel Kabutare. Wir kommen an der Kathedrale und der größten Sekundarschule Rwandas, der »Groupe Scolaire«, vorbei. Diese Schule wurde 1932 als erste höhere Schule von dem belgischen Orden »Frères de la Charité«, die Brüder der Barmherzigkeit aus Gent gegründet. Hier hat der Vater eines Reiseteilnehmers unterrichtet. Wir gehen weiter zum Wohnhaus, in dem Pierrot seine ersten Lebensjahre verbracht hat, und anschließend zum Haus, in dem Jean-Louis aufgewachsen ist.

Am Morgen besuchen wir das Nationale Museum in Butare. Der Direktor Herr Célestin Kanimba Misago führt uns durch die Ausstellungsräume und erläutert sehr anschaulich die Geschichte Rwandas, die verschiedenen Epochen, die früher verwendeten Werkzeuge, Kleidung, Kochgeräte, Sportarten. Er nimmt sich viel Zeit, um all unsere Fragen zu beantworten. Zum Abschluss zeigt er uns ein wunderschönes, traditionelles reedgedecktes Haus mit einem großen Hof. Nachdem wir über die bedeutungsvolle Schwelle des Hauses getreten sind, probieren einige das interessante Bett aus.

Für einige von uns, die mit dem Okapi-Bus nach Kigali zurückfahren, ist die Fahrt etwas allzu schnell, sie fliegen geradezu über die Hügel und kurvigen Straßen.



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